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Geschichten
„König Minni“
König Minni ist nicht sehr groß, wie auch schon sein Name aussagt. Aber er besitzt ein riesengroßes Königreich.
Viele wunderschöne Blumengärten, riesige Wälder, viele Wander- und Reitwege, einen großen Schlossteich, Obstgärten, Spielwiesen und einem wunderschönen großen, mit Weinlaub bewachsenen Schloß.
König Minni hat viele Angestellte die ihn bedienen. Er hat jemand der ihm die Schuhe anzieht und jemand der ihm die Schuhe abends wieder auszieht, Köche, Diener die sofort da sind wenn er läutet, jemand der immer hinter ihn herläuft um ihm die Türen aufzuhalten und so weiter …
König Minni hat eine große Leidenschaft, er singt sehr gerne. Egal wo, egal wann, ob in der Badewanne, beim Spazieren, beim Briefe schreiben, beim Regieren … immer ist er fröhlich und trällert einfach darauf los.
Mit seiner Fröhlichkeit und seinem Gesang steckt er immer alle Menschen an. Deshalb sieht man auf dem Schloss auch nie ein böses oder trauriges Gesicht. Alle sind immer glücklich und vergnügt.
König Minni hat auch eine weitere Leidenschaft, er geht gerne spazieren. Immer wenn es ihm möglich ist und er etwas Zeit hat und nicht regieren muss, macht er einen Spaziergang. Dabei entspannt er sich immer und hat Zeit über Dies und Das nachzudenken.
So macht er es auch heute. König Minni hat gerade seine königliche Mahlzeit verspeist und beschließt einen kleinen Spaziergang zu unternehmen. Am Morgen hat er schon sehr viel regiert, da kann er es sich erlauben, mal eine Pause zu machen. Er entschließt sich nach seinen Rosen zu sehen, dort war er schon lange nicht mehr.
Während er durch seinen riesigen Rosengarten geht genießt er den Anblick der wundervollen Rosen. Solche Rosen hat niemand. Sie blühen in allen Farben und haben die prächtigsten Blüten, die man je gesehen hat.
König Minni betrachtet jeden Strauch und bleibt faziniert vor den gelben Rosen ganz in sich versunken stehen. Plötzlich wird er duch ein Geräusch aus seinen Gedanken gezogen. Er erschreckt sich.
„Ah, König Minni, da seid ihr ja!“ hört er jemanden sprechen. König Minni dreht sich um. Aber da ist niemand.
„Wie geht es euch?“, fragt die Stimme.
König Minni ist sich sicher, dass die Stimme aus dem Rosenstrauch kommt. Da erlaubt sich wohl jemand einen Scherz, denkt er.
„Mir geht es gut.“, antwortet König Minni.
„So, so, euch geht es also gut. Aber wie lange noch?“, fragt die Stimme aus Rosenstrauch.
„Was soll denn das?“, König Minni ärgert sich etwas. „Wer bist du?“
„Wir sind es, die Rosen“, antwortete der Rosenstrauch.
„Meine Rosen können sprechen?“ fragt er erstaunt
„Ja, aber nur uns gelben Rosen ist die Sprache gegeben und dies auch nur für einen Tag. Heute ist dieser besondere Tag. Und dann kommt ihr zufällig hier vorbei.“
König Minni ist sehr erstaunt. So etwas hat er noch niemals erlebt. Nun besaß er auch noch sprechende Rosen.
„Weshalb könnt ihr sprechen?“, fragt er die Rosen.
„Wir müssen euch warnen. Nehmt euch in acht. Ihr könnt sonst euer ganzes Königreich verlieren“, erklären die Rosen.
„Aber wieso, weshalb, warum …“, stammelt König Minni sehr verwirrt.
Aber die Rosen können es nicht mehr erklären, denn sie haben ihren Zauber gerade wieder verloren und sind wieder ganz normale Rosen.
König Minni ist nachdenklich. Den restlichen Tag denkt er an die Rosen und die Worte der Rosen und er bekommt schreckliche Angst.
Was wird sein, wenn er wirklich seinen Reichtum verliert, sein großes Schloss, seine Wiesen und Wälder, seine Pferde, seine Diener, seine Blumengärten und alle anderen Kostbarkeiten. Seine Angst vor einer Zukunft in Armut wurde von Tag zu Tag größer.
Jeden Tag läuft er in aller Frühe zu den Rosen und fleht sie an zu sprechen um ihm zu sagen, was passieren wird. Doch die Rosen bleiben stumm.
Und als der Herbst ins Land zieht und die Rosen ihre Blätter verlieren, beschließt er etwas zu unternehmen.
Er lässt eine riesengroße Mauer um sein Reich bauen, damit niemand unbemerkt sein Schloß betreten kann. Aber die große Mauer hilft ihm nicht seine Angst zu verlieren. Er wird immer unruhiger und er überlegt, was er noch tun kann um seinen Reichtum zu schützen.
Er denkt darüber nach, dass er alle Diener entlassen kann, um damit viel Geld einzusparen. Und dann jagt er alle Diener vom Schloss und sagt ihnen, dass sie nicht mehr kommen sollen.
„Nun werde ich mich wohler fühlen, “ denkt er. Doch es wird immer schlimmer und unheimlicher. Er fühlte sich sehr einsam und alleine.
Was soll ich nur tun, denkt er.
Wenn er durch das Schloß geht, klingt alles so hohl leer. König Minni fühlt sich einsam und alleine. Doch was kann er ändern?
Er beschließt, sich seinem Schicksal zu ergeben um seinen Reichtum zu retten und zieht alle Fenstervorhänge zu. Er hält sich die meiste Zeit in dem dunklen Schloß auf und geht kaum spazieren. Und er singt nicht mehr. Seine Stimme ist stumm. Er ist nun ganz alleine in seinem großen, dunklen, menschenleeren Schloß. Jeden Tag wird er trauriger und einsamer.
Die Leute in seinem Reich erzählen anfangs noch viel über ihn und wie sich alles verändert hat. Doch mit der Zeit vergisst man ihn.
Über dem Schloss schwebte eine große, dunkle Wolke durch die die Sonne nicht mehr hindurch scheinen kann. Die Blumen verkümmern und an den Bäume hängen traurige Äste. Es wird immer grauer und trostloser. So vergeht Jahr um Jahr.
Eines Tages entdecken 4 Kinder aus dem Reich, beim Spielen im Wald die riesengroße Schlossmauer. Sie möchten gerne wissen, was sich hinter dieser riesigen Mauer verbirgt. Aber die Mauer ist sehr hoch. Es gibt kein Möglichkeit über die Mauer klettern. Da kommt ihnen die Idee, ein Loch zu graben um unter die Mauer hindurch zu krabbeln. Sie beschließen nun jeden Tag zu kommen und zu graben. Sie wissen nicht, wie dick die Mauer ist und was sich dahinter verbirgt, aber sie wissen, dass sie das Geheimnis lüften möchten.
Jeden Tag kommen sie vorbei und schaufeln viele Eimer Erde. Das Loch wächst und wächst, aber die Mauer scheint sehr, sehr dick zu sein. Die Kinder sind sehr fleißig und es dauert viele Wochen bis sie ihren Tunnel unter der Mauer fertig gestellt haben. Als sie die letzten Schaufel Erde abgetragen haben, strecken sie vorsichtig ihre Köpfe aus dem Erdloch heraus und erschrecken.
Auf der anderen Seite der Mauer ist es dunkel und unheimlich und sie bekommen Angst. Sie krabbeln wieder in Richtung Wald zurück. Doch ihre Neugierde ist so groß, dass sie beschließen, am nächsten Tag mit Taschenlampen wieder zu kommen um die dunkle Seite hinter der Mauer zu erforschen.
Am nächsten Tag verabreden sie sich nach der Schule am Mauertunnel. Sie krabbeln durch den gegrabenen Mauertunnel und steigen vorsichig hinaus auf das dunkle Grundstück. Die Taschenlampen leuchten sehr hell in der Dunkelheit und sie schauen sich vorsichtig um. Sie beschließen sich hier umzuschauen und gehen ganz vorsichtig und eng zusammen, Stück für Stück. Aus der Ferne nehmen sie die Umrisse von dem Schloss wahr. Im Schloss scheint Licht zu brennen, aber sie können es nicht richtig erkennen. Langsam gehen sie weiter, ganz vorsichtig. Immer wieder mal knackt ein Zweig unter den Schuhen so laut, dass sie jedesmal erschrecken und noch enger zusammenrücken.
Je näher sie zum Schloss kommen, umso größer taucht es vor ihnen auf. Sie finden das alles unheimlich, aber zusammen haben sie weniger Angst und gehen weiter.
Dann stehen sie vor dem großen Schloss. Das Schloss ist riesig, viel größer als erwartet. Es gibt viele Bäume und Sträucher vor dem Schloss, die aber kahl und traurig aussehen. Kein Sonnenstrahl dringt hinein obwohl Mittag ist und die Sonne bereits schon am Morgen ihre wärmenden Strahlen ausgebreitet hat. Sie bemerken, dass das Eingangstor des Schlosses leicht geöffnet aufsteht.
Die Kinder schauen sich an und ohne ein Wort zu sprechen, sind sie sich einig, dass sie es wagen wollen durch dieses Tor zu gehen.
Ganz vorsichtig streifen sie Spinnweben, die vor dem Tor hängen, ab und gehen langsam ins Innere des Schlosses.
Jeder Schritt knarrt furchtbar. Sie halten sich an den Händen fest und gehen mutig weiter.
Unter einem Türspalt bemerken sie Licht. Wieder nicken sie sich wortlos an und gehen in Richtung dieser Türe. Der größte der Gruppe öffnet langsam die Türe hinter der Licht zu sein scheint. Hinter der Türe verbirgt sich ein großer Saal, vollgefüllt mit Kostbarkeiten, edles Porzellan, Schmuck, Kisten mit Gold. Aber in diesem Schloss funkeln Gold und Perlen nicht.
In der hintersten Ecke des Saales sehen sie einen großen Sessel in dem ein kleiner Mann zu schlafen scheint, denn er bemerkt die Kinder nicht. Ohne den Mann aus den Augen zu lassen, bewegen sich die Kinder langsam auf ihn zu.
Als sie vor ihm stehen sagen sie leise „Guten Tag“.
„Guten Tag“, sagt der kleine Mann aber ohne die Kinder zu beachten. Er sitzt wie eine Statur in seinem großen Sessel, ohne sich zu bewegen.
Die Kinder sagen nocheinmal „Guten Tag“.
Ganz langsam öffnet der kleine Mann die Augen und sieht die Kinder mit einem sehr traurigen Blick an.
„Wer seid ihr denn?“ fragt er mit seiner traurigen Stimme, die ziemlich verrostet klingt, da er schon seit Jahren mit niemanden mehr gesprochen hat.
Die Kleinste der Gruppe plappert schnell los „Ich bin Lilly, und das sind meine Freunde Berni, Benno und Biggi“. Wir sind durch ein Loch gekommen“, sagt Biggi ergänzend.
Der kleine, alte Mann sah Biggi mit traurigen Augen an. Ihm wurde plötzlich ganz warm ums Herz bei dem Anblick des kleinen Mädchens, dass gar keine Angst zu haben scheint.
„So, so,“ sagt der kleine Mann mit tiefer Stimme.
„Bist du ein König?“, fragt Berni etwas verängstigt. Er hat bemerkt, dass der kleine Mann eine Krone trägt.
„Ja“, sagt der kleine Mann, er wirkt nachdenklich. „Ich glaube, ich war mal einer“.
„Man kann doch königsein nicht einfach abschalten,“ erklärt Berni.
„Wenn man falschen Entscheidungen trifft und ungerecht wird, nutzt einem der Königstitel gar nichts mehr.“
„Das verstehe ich nicht,“ sagt Lilly.
Langsam, mit vielen Pausen erzählt König Minni seine traurige Geschichte, so wie sie sich vor Jahren zugetragen hat. Von der Botschaft der Rosen, von der Angst seinen Reichtum zu verlieren, dass er seine Diener aus dem Haus gejagt hat und alle Fröhlichkeit aus dem Schloss gewichen ist.
Die Kinder müssen oft schlucken und Lilly fängt an zu weinen.
Sie sind sehr erschüttert über diese traurige Geschichte und möchten dem kleinen König helfen. Aber wie? Was können sie tun?
Um den kleinen König wieder aufzumuntern, erzählen sie von zu Hause. Wie schön es dort ist, von der Sonne und den Blumen, von den Tieren und den fröhlichen Menschen, die gerne Feste feiern.
Dem kleine König rollen ein paar dicke Tränen über seine Wangen. „So schön war es hier auch einmal“, flüstert er leise und sehr traurig.
„Aber das ist schon lange, lange her“, seufzte er.
„Ganz bestimmt wird es wieder so schön,“ sagt Berni sehr bestimmt.
„Ich habe Menschen vertrieben, ich habe die Sonne verjagt und somit meine Blumen und Bäume getötet. Alles nur, weil ich einem Rosenstrauch geglaubt habe. Niemand wird jemals wieder etwas mit mir zu tun haben wollen.“
„Doch, wir“, antworten die Kinder gleichzeitig.
„Wir helfen dir“, sagt Lilly ganz entschlossen.
„Ihr wollt mir helfen? Wie wollt ihr das machen? Es gibt keinen Weg zurück.“ Der kleine König wurde noch trauriger und ließ den Kopf hängen.
„Wir kommen morgen wieder,“ sagt Lilly.
Die Kinder verabschieden sich, fassen sich an den Händen und gehen hinaus in die Dunkelheit. Nun haben sie keine Angst mehr vor der Dunkelheit.
Den Mauertunnel finden sie schnell wieder und sie krabbeln wieder zurück in den hellen Tag.
„Wir trommeln Leute zusammen und reißen die Mauer ein damit die Sonne wieder auf das Schloss strahlen kann“, schlägt Berni vor.
Die anderen sind damit einverstanden.
Wieder zurück in der Stadt, laufen die Kinder in alle Himmelsrichtungen auseinander und erzählen den Leuten von der riesigen Mauer und dem traurigen König Minni. Die älteren Menschen der Stadt erinnern sich noch sehr gut an den fröhlichen König Minni der immer gerecht und freundlich war. Dann aber wurde er plötzlich ungerecht und wollte niemanden mehr sehen. Die Leute haben damals lange darüber gesprochen und konnten es nicht verstehen.
Als sie nun von den Kindern erfahren, wie es dem kleinen König geht, möchten sie alle helfen.
Am nächsten Tag kommen alle Kinder, Männer und Frauen zum Schloss. Sie haben alle Werkzeug dabei um die große, dunkle Mauer nieder zu reißen und sie hören nicht eher auf, bis die Mauer zerstört am Boden liegt.
Vorsichtig lenkt die Sonne ihre Strahlen in den Garten des Königs, ein starker Wind pustet plötzlich los und schiebt mit aller Kraft die dunkle Wolke weiter, so dass die Sonne alles erhellen kann.
Aus Grau wird Grün, die Bäume räkeln ihre Äste in Richtung Himmel. Die Blumen strecken ihre Hälse der Sonne entgegen. Alle jubeln, tanzen und singen vor Freude.
Langsam öffnet sich das große Schlosstor und der kleine König blinzelt auf die Menschen. Sie Sonne ist so hell, dass er seine Augen etwas zukneifen muss. Er hat dicke Tränen vor Rührung und Freude in den Augen. Langsam geht er die Stufen runter um den Menschen näher zu sein und um sich zu bedanken. Er umarmte jeden Einzelnen und sagt immer wieder Danke, Danke, Danke. Und er schenkt sich und allen sein schönstes Lächeln. Er hat schon so lange nicht mehr gelächelt, so dass es sich erst mal komisch anfühlt. Doch dann merkt er, wie gut ihm das tut und wie es sein Herz erwärmt.
König Minni lacht laut vor Freude. Sein Lachen ist so laut, dass man es kilometerweit noch hören kann. Und er tanzt, er bewegt Hände und Beine wie ein Hampelmann. Er ist so glücklich.
Und dann singt König Minni. Er singt voller Hingabe und Liebe. Alle halten sich an den Händen fest und singen mit.
König Minni kann wieder lachen, tanzen und singen. Das Schloss ist wieder lebendig.
Von nun an darf jeder ins Schloss, wann immer man mag. Alle Türen stehen nun immer offen und König Minni freut sich über Besuch.
Lilly, Biggi, Berni und Benno haben das Herz des kleinen König Minni wieder zum Leuchten gebracht.